Überhitzung der elektrischen Verteilung ohne erkennbaren Grund?

Ein Elektriker hatte einen Kunden mit einem sehr häufigen Problem – eine überhitzte elektrische Verteilung. Was die Situation etwas ungewöhnlich machte, war die Tatsache, dass die Überhitzung nicht auf eine der üblichen Ursachen zurückzuführen war.

Der Elektriker wurde gerufen, um eine Fehlersuche bei einer elektrischen Verteilung mit 42 Leistungsschaltern durchzuführen, die Dutzende von Servern und andere nichtlineare Lasten mit Strom versorgte. Dem IT-Techniker auf Kundenseite fiel auf, dass die Vorderseite des 225-A-Hauptleistungsschalters, die eigentlich weiß sein sollte, auffällig gelb gefärbt war. Beim Fühlen der Oberfläche stellte er fest, dass sie nicht nur verfärbt, sondern auch auffallend warm war.

Es hatte zwar noch keine Ausfälle gegeben, jedoch sind die über diese Verteilung versorgten Verbraucher betriebswichtig, sodass der Kunde es sich nicht leisten konnte, mit der Lösung des Problems zu warten, bis etwas passierte.

Fehlersuche im eingeschalteten Zustand

Da auch eine geplante Abschaltung sehr schwer zu planen gewesen wäre, wurde die Fehlersuche im eingeschalteten Zustand vorgenommen. Bei einer ersten Untersuchung stellte der Elektriker fest, dass der Neutralleiter aus zwei 4/0-Leitern bestand, ein überdimensionierter Neutralleiter, wie man ihn häufig in Schaltfeldern für nichtlineare Lasten findet. Daran erkannte er, dass das System ordnungsgemäß bemessen war.

Als nächste holte er sein Isolations-Multimeter Fluke 1587 hervor, um die Spannung Phase-Phase und Phase-Neutralleiter auf der Leitungsseite des 225-A-Hauptleistungsschalter zu messen. Er suchte nach Anomalien, die auf ein Problem hindeuten könnten. Die Messungen lagen alle im Normalbereich – kein Wert zu hoch oder zu niedrig.

Als Nächstes sah er sich mit der Strommesszange Fluke 376 die Stromaufnahme der eingehenden Phasenleiter an und fand heraus, dass die Stromstärke an allen drei Phasen weit unter 225 A lag. Die Werte lagen zwischen 108,9 und 130,3 A. Weil das Schaltfeld nichtlineare Lasten versorgte, bestand der nächste logische Schritt darin, nach Stromoberschwingungen zu suchen. Der Elektriker klemmte die 376 an den Neutralleiter und fand heraus, dass die Stromstärke ziemlich niedrig war – nur 38,9 A. Wenn die Oberschwingungen ein Problem verursacht hätten, wäre die Stromstärke im Neutralleiter mindestens so hoch wie einer der Phasenströme gewesen.

Ausschluss von Oberschwingungen

Wie steht es mit den Lasten, die vom Schaltfeld versorgt werden? Möglicherweise gab es dort Oberschwingungsspannungen? Diesmal setzte der Elektriker seinen Stromversorgungsanalysator Fluke 434 ein, um den Oberschwingungsanteil der Lasten zu prüfen, die von dem fraglichen Schaltfeld versorgt wurden. Der Oberschwingungsanteil war der Art der versorgten Lasten angemessen. Die Spannung war in Ordnung und es gab nicht viele hohe Ströme oder Oberschwingungen. Er befand sich wieder in einer Sackgasse.

Aber er war noch nicht fertig. Als Nächstes zeichnete er den Spannungsabfall in der Leitung und den lastseitigen Phasenleitern des Hauptleistungsschalters auf (siehe Tabelle 1). Eine lose Verbindung oder ein internes Problem mit dem Schaltkreis konnte einen großen Spannungsabfall bewirken (in einer Größenordnung von mehr als 100 Millivolt).

Tabelle 1. Der in den Leitern des Hauptleistungsschalters aufgezeichnete Spannungsabfall und die Stromlast in den Phasenleitern bei der Erstuntersuchung im Mai 2012
Messungen

A-Phase: 51,1 mV

A-Phase: 122,9 A

B-Phase: 41,6 mV

B-Phase: 108,9 A

C-Phase: 137,1 mV

C-Phase: 130,3 A

Abbildung 1. Ein Infrarotbild einer Fluke-Wärmebildkamera von den Phasenleitern des Hauptleistungsschalters zeigt, dass der Leiter der C-Phase deutlich wärmer ist als die Leiter der Phasen A und B.

Die in den Phasen A und B gemessenen Spannungen lagen eindeutig im zulässigen Bereich. Bei der C-Phase jedoch zeigte der Messwert von 137 mV ziemlich deutlich, woher die Wärme kam. Da das Problem immer noch keine Abschaltung rechtfertigte nahm der Elektriker seine Fluke-Wärmebildkamera, die wenig überraschend zeigte, dass die C-Phase deutlich wärmer war als die Phasen A und B (siehe Abbildung 1).

An der Oberseite des Leistungsschalters war das Kabel sehr warm und wurde mit zunehmender Entfernung der Kamera vom Leistungsschalter immer kühler. Das deutet darauf hin, dass das Problem höchstwahrscheinlich am Gabelschuh oder an der Verbindung des Schuhs mit dem Leistungsschalter zu verorten war.

Vor dem Verlassen des Betriebs verband der Elektriker den dreiphasigen Power Logger Fluke 1735 mit den Versorgungsleitern des 225-A-Hauptleistungsschalters und ließ ihn eine Woche lang den Strom messen. Die Strommesswerte wiesen keinerlei Anomalien auf. (siehe Abbildung 2)

Weil durch die Fehlersuche das Problem lokalisiert, nicht aber die genaue Ursache ermittelt werden konnte, beschlossen der Kunde und die Elektrikberater, sämtliche innere Komponenten des Schaltfelds –einschließlich sämtlicher Leistungsschalter – zu ersetzen und neue Leiter zu verlegen. „Wir ergreifen derart aufwändige Maßnahmen, weil die Kosten für Ausfallzeiten und die Bedeutung des Systems so hoch sind, dass der Kunde auf einer Reparatur besteht. Er möchte nicht gezwungen sein, in nächster Zeit einen weiteren Ausfall zu bewältigen“, erläutert der Elektriker.

Abbildung 2. Eine wochenlange Aufzeichnung des Stroms in den Versorgungsleitungen des Hauptleistungsschalters zeigte keine Anomalien, was darauf hindeutete, dass das Problem am Gabelschuh oder an der Verbindung des Schuhs mit dem Leistungsschalter zu verorten war.

Die Lösung

Später fand der Kunde eine Gelegenheit, das Schaltfeld abzuschalten und zu ersetzen. Die Elektrikberater sind jedoch kein Risiko eingegangen. Vor der Abschaltung wurde das neue Innenleben des Schaltfelds – mit Abzweigschaltern und Hauptleistungsschalter – an ein unabhängiges Prüfunternehmen geschickt. Das Prüfunternehmen zog alle inneren Verbindungen mit dem jeweiligen Nenndrehmoment fest und prüfte sie mit einem niederohmigen Digitalmessgerät auf ihre Unversehrtheit.

Nach erfolgreicher Prüfung des Schaltfelds gingen die Mitarbeiter an die Arbeit. Sie nahmen das alte Schaltfeld vom Netz, trennten alle Leiter und entfernten sämtliche inneren Komponenten. Daraufhin führten sie eine Sichtprüfung durch und fanden Anzeichen von starker Überhitzung an der Verbindungsstelle des Busses von Phase A mit dem Hauptleistungsschalter. [Siehe Abbildung 3]

Als Nächstes installierten die Elektriker die neuen Innenphasenbusse, Abzweigschalter, Hauptleistungsschalter und Phasenleiter und schlossen alle Leiter an. Nach dem Wiedereinschalten prüften sie, ob das Schaltfeld spezifikationsgemäß funktionierte. Mithilfe des Isolations-Multimeters Fluke 1587 nahmen sie eine Reihe von Spannungsmessungen vor, einschließlich des Spannungsabfalls in der Leitung und auf der Lastseite des Hauptleistungsschalters. Dabei wurden folgende Spannungsabfälle gemessen:

Abbildung 3. Nach dem Ausbau des Schaltfelds wies der Bus von Phase A Anzeichen von starker Überhitzung an der Verbindung zum Hauptleistungsschalter auf, was auf ein älteres Problem mit der A-Phase hinwies, das vor der neuen Anfrage behoben worden war.
  • A-Phase: 50,4 mV
  • B-Phase: 48,8 mV
  • C-Phase: 41,4 mV

Die Messungen lagen deutlich im Normalbereich. Als Nächstes wurde mit der Strommesszange Fluke 376 die Stromlast in den Phasenleitern gemessen.

  • A-Phase: 144,1 A
  • B-Phase: 133,7 A
  • C-Phase: 132,6 A

Diese Messwerte lagen auch innerhalb der 80-Prozent-Toleranz der Nennwerte.
Schließlich scannten sie die Phasenleiter des Hauptleistungsschalters unter Last mit einer Fluke-Wärmebildkamera ein. Der Scan zeigte symmetrische Lasten in allen drei Phasen.

Abbildung 4. Ein nach dem Austausch des Schaltfelds mit einer Fluke-Wärmebildkamera aufgenommenes Infrarotbild von den Phasenleitern des Hauptleistungsschalters zeigt symmetrische Lasten in allen drei Phasen

Das weitere Vorgehen

Obwohl die Messungen zeigten, dass das neue Schaltfeld innerhalb der 80-Prozent-Toleranz der Lastnennwerte funktioniert, gehen die Berater davon aus, dass bald der Schwellenwert von 80 Prozent erreicht wird. Mit steigender Last nimmt auch die Wärmeentwicklung zu, sodass die Berater dem Kunden empfehlen, die Situation im Auge zu behalten und in nicht allzu ferner Zukunft ein neues Speisekabel zu installieren.

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