von Chuck Newcombe
In den acht Jahren, in denen ich diese Kolumne schreibe, habe ich mich mit Verdrahtungs- und Erdungsproblemen in Industriebetrieben, Privatwohnungen und milchverarbeitenden Betrieben befasst. In diesem Monat werde ich den Themenbereich um Bootsanlegestellen erweitern.
Die Gefahren elektrischen Leckstroms in Küchen oder Badezimmern haben Sie sich sicher schon einmal ausgemalt. Überlegen Sie nun einmal, was passieren kann, wenn sich ein Schwimmer nichtsahnend einem Boot mit einem Streuleckstrom nähert, der zwischen dem Bootsrumpf und den geerdeten Anlegekomponenten oder dem Grund eines Sees zirkuliert. (Siehe Bericht Electric Shock Drowning Incidents-Marinas©.)
Es ist leider so, dass ein AC-Leckstrom mit zumeist weniger als 100 Milliampere unerkannt im Wasser fließt. Dieser reicht bei Weitem nicht aus, um einen 20-Ampere-Auslöseschalter zu aktivieren, aber er ist stark genug, um einen Schwimmer zu lähmen. Man würde kein Platschen im Wasser hören, auch keinen Hilfeschrei. Später würde ein Ertrunkener ohne jeglichen Hinweis auf die Ursache des Ertrinkens aus dem Wasser gezogen.
Leider ist mir ein solcher Fall bekannt, der sich an einer privaten Anlegestelle an einem See zugetragen hat. Hier spürte derjenige, der den Schwimmer entdeckte, einen leichten Schlag, als er die Hand ins Wasser steckte, und schaltete klugerweise den Strom am Verteilerkasten aus, bevor er einen Rettungsversuch unternahm (der bedauerlicherweise erfolglos verlief).
Wechselstrom liegt an einer Anlegestelle zur Beleuchtung, der Bedienung der Ankerwinde oder an einer Steckdose an, die über ein Verlängerungskabel den Strom an die an der Anlegestelle oder auf einem Boot verwendeten Werkzeuge transportiert, um ein Akku-Ladegerät anzutreiben, das an das Gleichstromsystem des Bootes angeschlossen ist. Über sämtliche dieser Geräte, ob an der Anlegestelle oder auf dem Boot, kann der elektrische Strom einen Weg finden, um bei fehlerhafter Verkabelung oder einer Fehlerbedingung durch das Wasser zur Erde zu fließen.
Wie lässt sich das wahrscheinliche Vorkommen kleiner AC-Leckströme im Wasser feststellen?
Fluke bietet eine Vielzahl an Werkzeugen zum Prüfen auf Wechselstromkreise an, so zum Beispiel die Leckstrommesszange Fluke 360 (Wechselstrom). Mit diesem Messgerät lassen sich bis zu 60 Ampere AC bei normaler Verwendung erfassen. Es verfügt zudem über zwei Sonderfunktionen, aufgrund derer es sich besonders für Leckstrommessungen eignet.
- Die Empfindlichkeit bei der Strommessung reicht bis in den Bereich von 3 mA bei einer Auflösung von 1 µA.
- Durch die Zangengröße von 3,81 Zentimeter lassen sich diese auch um dicke Kabel und Durchführungen anbringen.
Die geeignete Stelle zum Messen
1845 formulierte Gustav Kirchhoff eine Regel über Strom, der durch einen Knotenpunkt in einem elektrischen Stromkreis fließt. Diese erste Kirchhoffsche Regel besagt, dass in jedem Knotenpunkt die Summe der zufließenden und der abfließenden Ströme gleich Null sein muss. Mithilfe dieser Informationen können wir ein Testverfahren für eine Anlegestelle, ob mit oder ohne Boot, erstellen. Im nachfolgenden Diagramm ist der Knotenpunkt, den wir verwenden, mit „N“ gekennzeichnet. Pfeile mit durchgezogenen Linien zeigen in die Richtung, in die der Strom fließen sollte, und die gepunkteten Linien stehen für die Stellen, an denen Lecks auftreten können.
Um den Strom zu messen, der von der Quelle zur Last fließt, würden Sie die Klemme um einen einzigen Leiter befestigen (Position 1).
Nach der ersten Kirchhoffschen Regel können Sie die Klemme auch um mehrere Leiter befestigen (siehe Positionen 2 und 3).
Bei einem ordnungsgemäß verdrahteten Stromkreis sollte der Messwert an der Strommesszange für die Positionen 2 und 3 jeweils Null betragen. Ein Leckstrom, der in das grüne Sicherheitserdungskabel fließt, würde als Messwert ungleich Null an Position 2 erscheinen, und jeglicher Leckstrom von der Last zu Erde würde an Position 2 oder 3 als Messwert ungleich Null erscheinen. Da das grüne Kabel im Test an Position 3 vorhanden ist, wird in diesem Fall nur der Erdstrom als Leck erfasst.
In diesem Fall habe ich einen einphasigen 120-Volt-Stromkreis gezeigt, die Kirchhoffschen Gesetze lassen sich jedoch auch auf 240-/120-Volt-Stromkreise oder Kabel dreiphasiger Stromkreise mit bis zu 5 Leitern anwenden. Wenn von der Erde zur Last kein Streuleckstrom vorhanden ist, muss der Messwert auf der um das Kabel angebrachten Leckstrommesszange Null betragen.
Wie viel Leckstrom ist akzeptabel?
Idealerweise sollte es zu gar keiner Streuung aus dem Stromkreis kommen, jedoch können Leckkapazitäten und einige Rauschfiltergeräte auch in einem ordnungsgemäß funktionierenden System zum Abfluss kleiner Strommengen führen.
Ein FI-Schutzschalter, ob als Leistungsschalter, als Steckdose oder angeschlossenes Gerät, kann dafür sorgen, dass von einer geschützten Last kein tödlicher Stromfluss zur Erde stattfindet. Bei FI-Schutzschaltern werden die Kirchhoffschen Regeln auf die Erfassung des Stroms in der Leitung und in den Neutralleitern (Position 2 im Diagramm) und auf das Öffnen des Stromkreises bei Überschreiten eines Nettostroms von 6 mA angewandt.
Anwendung der Kirchhoffschen Regeln in der Praxis
Ich habe ein Zubehör entwickelt, das bequeme Messungen an den drei im obigen Diagramm gezeigten Testpositionen ermöglicht. Ich habe ein kurzes Verlängerungskabel mit Dreifachsteckdose wie hier gezeigt abgeändert, um die drei Leiter einzeln zugänglich zu machen.
Als ich das Kabel an die Steckdose anschloss, ohne dass etwas an das Steckdosenende angeschlossen war, maß ich die Stromstärke um einen einzelnen schwarzen Leiter (Test Nr. 1) und dokumentierte 1,480 mA. Das lag daran, das an dem Kopfende des Kabels mit den drei Steckdosen ein neonfarbenes Kontrolllämpchen vorhanden war, das aufleuchtete, wenn das Kabel Spannung führte. Die Messungen in den Positionen 2 (weiß und schwarz) und 3 (weiß, schwarz und grün) ergaben 0,000 bis 0,002 mA und bestätigten dadurch, dass sämtlicher Strom, der das Licht aktivierte, nur in der Leitung und im Neutralleiter floss – so, wie es sein sollte.
Mit einem Testadapter, einem Leitungsprüfer wie dem Fluke T+PRO und dem Fluke-Modell 360 lassen sich Verkabelungsprobleme in Leckströmen schnell erkennen; zudem können Sie damit FI-Schalter auf einwandfreien Betrieb prüfen.
Ein kleiner Preis, um auch beim Betrieb elektrischer Geräte in Anlegestellen, Yachthäfen, Schwimmbecken und Hinterhöfen für Sicherheit zu sorgen, oder?